Von Döbbrick über Györ nach Buenos Aires

(Von Georg Zielonkowski, Lausitzer Rundschau)

LC Cottbus hat mit Marie Scheppan ein Riesentalent entwickelt

Vielleicht wäre aus Marie Scheppan eine Nachfolgerin der erfolgreichen Nationalspielerinnen des DFB, wie Anja Mittag oder Birgit Prinz, geworden. War die jetzt 17-jährige doch bis zur 6.Klasse gemeinsam mit ihrem Zwillingsbruder Henry daheim in Döbbrick beim dortigen VfB in den Fußball-Nachwuchsteams der Jungen als sehr erfolgreiche Angreiferin unterwegs. Beim Wechsel in die siebte Schulklasse musste sie sich jedoch entscheiden: an die Fußball-Sportschule Potsdam oder weiter daheim in der Familie und zur Lausitzer Sportschule zu wechseln. Wo auch unter anderem die Sportart Leichtathletik gelehrt und betrieben wird. Also wurde Marie Läuferin in der Trainingsgruppe von Dieter Spiller. Eine Entscheidung, die Marie als wichtigen Grundstein heutiger Erfolge bewertet, wenn sie sagt: „Rückblickend hat Herr Spiller tatsächlich den Grundstein gelegt, dafür bin ich ihm bis heute sehr, sehr dankbar!”

Im Jahr 2015 wurde sie dann vom früheren erfolgreichen Mittelstreckler und heutigen LCC-Trainer Rainer Krug „übernommen”, der das Talent dann speziell auf die langen Sprint- bzw. Mittelstrecken vorbereitete. Zunächst standen die Wettbewerbe der Läufe über zwei Stadionrunden im Mittelpunkt. „Auf den 800 Metern sehe ich Marie auch künftig mit noch mehr Potential”, sagt Kruk noch heute. Wenngleich ihre großen Erfolge der letzten Zeit bei den Läufen über nur eine Stadionrunde liegen.

Wahre Leistungssprünge weisen die Protokolle der von ihr besuchten Wettkämpfe aus.

Lief sie im Mai des Vorjahres bei den Landesmeisterschaften in Berlin noch 55,33 Sekunden, war sie sechs Wochen später in Regensburg schon eine Sekunde schneller, um an gleicher Stelle im Juni diesen Jahres eine 53,90 zu laufen. Gekrönt wurde die stets aufstrebende Bilanz vom Gewinn der Deutschen Meisterschaft der Altersklasse U18. Wurde die meisterliche Zeit von 53,49 schon mit dem Attribut “überragend” versehen, so sollte es kurz danach noch besser kommen.

Als Europas beste Leichtathleten zur U18-EM ins ungarische Györ gerufen wurden, war Marie Scheppan mit dem Erreichen der dafür geforderten Norm dabei. Doch war Marie dem olympischen Gedanken folgend „Dabei sein ist alles” nicht nur am Start, sondern sie ließ mit ihrer Finalleistung die Fachwelt aufhorchen. Bewusst verhalten hatte sie das Rennen im “Olimpiai Sportpark” begonnen, wohl wissend um ihre Stärken bei der Endkampfgestaltung. So überholte sie zunächst die Russin Soldatova, um ganz dicht an Barbora Malikowa heran zu laufen. “Für mich war das Rennen nur wenige Meter zu kurz, sonst hätte ich die Tschechin noch geschnappt. Aber soll ich wegen dem so knapp verpassten Gold traurig sein? Um Himmels willen nein, denn meine Zeit von 52,82 mit nur 0,18 Sekunden Rückstand auf die Siegerin waren meine absolute persönliche Bestleitung. Nein, ich war einfach nur glücklich mit EM-Silber”, so beschreibt noch Monate danach das derzeit größte Cottbuser LCC-Talent seinen bislang größten Erfolg – gelaufen bei ihrer internationalen Premiere.

So kam es nicht überraschend, dass Marie Scheppan nun für einen weit größeren Wettbewerb nominiert wurde. Als 400-m-Starterin wird sie den Deutschen Leichtathletik-Verband DLV bei den 3. Olympischen Jugendsommerspielen vom 6. bis 18. Oktober 2018 in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires vertreten. Über 3000 junge Sportler im Alter von 15 bis 18 Jahren werden dort 185 Wettbewerbe austragen. Der gesamte Ablauf der “Youth Olympic Games” ist gemessen an Organisation und Austragung mit den Olympischen Spielen der “Großen” vergleichbar. Es gibt ein Olympisches Dorf, das Olympische Feuer wird aus Athen herbei gebracht. Das alles sind auch für Marie Scheppan ganz aufregende Begleiterscheinungen ihres Wettbewerbs, der im Olympic Park ausgetragen wird. “Ich weiß schon, dass für mich, das Mädel aus dem beschaulichen Döbbrick, all das sehr beeindruckend sein wird. Mit dem fast 14-stündigen Flug von Frankfurt dorthin geht es ja schon los. Aber trotzdem will ich da drüben in Argentinien niemand enttäuschen. Wenn ich ähnliche Zeiten wir in Györ schaffen könnte, wäre das schon o.k.!”

Marie spricht aus gutem Grund von “mehreren” Zeiten, denn sie wird in Buenos Aires zwei Mal auf die Stadionrunde geschickt. “Das Reglement dieses Wettbewerbs sieht vor, dass die Läufer an zwei verschiedenen Tagen die 400 Meter laufen. Dabei zählen nicht die Platzierungen, sondern die Zeiten, die anschließend addiert werden. Wer danach zusammengerechnet die geringste Zeit herauslief, wird diesen Wettkampf gewinnen”, erklärt Trainer Rainer Kruk den Wettkampf.

Sein Schützling, der am 1. Oktober 2018 Cottbus verlässt, nimmt einen kleinen Wunsch mit über den großen Teich: “Ich hoffe nicht, auf die Bahn eins oder acht gelost zu werden, Bahn vier oder fünf wären aufgrund meiner körperlichen Statur geradezu ideal. Aber am Ende ist es egal. Ich will da drüben einfach nur das Jugend-Olympia-Erlebnis genießen, so gut wie möglich abschneiden und damit meine Nominierung rechtfertigen!”

Na denn: “Boa sorte Marie”, wie es in Argentinien auf portugiesisch heißt: Alles Gute, Marie!

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