Herrmanns Zweifel sind verflogen

Frances Herrmann mit ihrem alten Wettkampfgerät.

(lr-online von Thomas Juschus) Zwischendurch hat Frances Herrmann gezweifelt, wollte ihren Sport sogar hinwerfen. Immerhin hatte der Verband gerade ihre Paradedisziplin Diskuswerfen gestrichen. Inzwischen ist aber bei der Leichtathletin vom LC Cottbus der Kampfgeist wieder erwacht. Bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften der Behinderten in Neuseeland vom 21. bis 30. Januar will Herrmann sich nun im Speerwerfen und Kugelstoßen beweisen.

Rückblende: Peking, Olympiastadion »Vogelnest«, 10. September 2008: Bei den Paralympics in der chinesischen Hauptstadt gewinnt die damals 19-jährige Frances Herrmann völlig überraschend die Silbermedaille im Diskuswerfen. Die spastisch gelähmte Leichtathletin stellt dabei in der Schadensklasse F 32 bis 34 sogar mit 21,19 Metern einen neuen Weltrekord auf und wird auch zur Vorreiterin für Behindertensport an der Lausitzer Sportschule in Cottbus. »Durch meinen Erfolg habe ich anderen Athleten den Weg geebnet, die jetzt ebenfalls dort trainieren und lernen können«, sagt Frances Herrmann.

Knapp zwei Jahre später folgt für sie die große Ernüchterung: das IPC – das Internationale Paralympische Komitee – streicht das Diskuswerfen aus den Wettbewerben. »Völlig grundlos«, wie Herrmanns Heimtrainer Ralf Paulo sagt. »Ich war danach total geplättet«, erinnert sich die 21-Jährige. »Eigentlich wollte ich aufhören mit dem Sport.«

Familie, Trainer, Verein und Olympiastützpunkt Brandenburg bestärkten Herrmann aber, weiterzumachen. »Ich musste die Programmänderung vom Kopf her erstmal verarbeiten«, blickt Herrmann zurück, die momentan in Cottbus neben dem Sport an der Fachhochschule im dritten Semester Soziale Arbeit studiert und vor ihrer Abreise nach Christchurch bei den »Sozialen Diensten der Justiz« ein Praktikum absolviert hat.

Seit April konzentriert sich Frances Herrmann jetzt zusammen mit Trainer Ralf Paulo auf das Speerwerfen und das Kugelstoßen. »Ich kann die Entscheidung des IPC nicht mehr ändern.« Die Diskusscheibe ist dafür im Keller gelandet. »Die Disziplinen sind technisch total verschieden«, so Herrmann, die nur knapp ein Jahr Zeit zur Umstellung hatte. Immerhin profitierte sie in der unmittelbaren WM-Vorbereitung von den deutlich verbesserten Bedingungen für die Leichtathletik in Cottbus in der neuen Halle. »Das ist schon top und motiviert unheimlich«, so Herrmann, für deren Wurfstuhl in der Wurfhalle eigens eine Verankerung mit berücksichtigt wurde. »Wir müssen jetzt erst einmal abwarten, ob sich die guten Trainingsergebnisse in der Halle am Ende auch draußen umsetzten lassen«, dämpft Ralf Paulo vor übertriebenen Erwartungen.

Die Ziele der Paralympics-Silbermedaillengewinnerin für Neuseeland sind durchaus bescheiden formuliert. »Für ein Top-Resultat mit der Kugel fehlt mir die Physis. Mit dem Speer kann auch mal ein guter Wurf rausrutschen«, hofft Herrmann. Trotzdem sollen mit Kugel und Speer Top-6-Ergebnisse herausspringen. »Damit bliebe im Hinblick auf die Vorbereitung der Paralympics in London 2012 der Bundeskaderstatus erhalten. Mit Platzierungen im Medaillenbereich wird es sehr schwer«, glaubt Trainer Ralf Paulo. Die Bestleistungen für Frances Herrmann stehen mit der Kugel (Wettkampf am 23. Januar) bei 7,75 Meter und mit dem Speer (25. Januar) auf 16,02 Meter. »Wenn ich in beiden Disziplinen neue persönliche Bestleistungen schaffe, bin ich erstmal zufrieden«, sagt Frances Herrmann, um im gleichen Atemzug wieder ihr Kämpferherz zu zeigen und letzte leise Zweifel vom Tisch zu fegen: »Ich bin mit der Vorbereitung sehr zufrieden und will mich bei der WM von der Konkurrenz auf keinen Fall abziehen lassen.«

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